DSI OB-6 Synthesizer im Test

In einer Zeit, in der die Tasten immer kleiner und die Instrumente immer preiswerter werden, geht Dave Smith Instruments mit dem OB-6 einen konsequent anderen Weg. Man baut aber auch keine „Eierlegende Wollmilchsau-Workstation“, nein, man bietet mit dem DSI OB-6 einfach nur einen analogen, 6-stimmigen Synthesizer. Unser DSI OB-6 Test zeigt, ob’s gelungen ist!

Zwei Synthesizer-Legenden haben sich zusammengetan: Dave Smith und Tom Oberheim. Und so darf der DSI OB-6 als legitimer Nachfolger der sagenumwobenden Oberheim-Synthesizer bezeichnet werden.

DSI OB-6: Ein wenig Geschichte vorweg

Gehen wir mit einer Zeitmaschine zurück in das Jahr 1970 und fragen beliebige Keyboarder nach ihrem Lieblingssynthesizer, wird man wie selbstverständlich die beiden Marken Oberheim und Sequential Circuits genannt bekommen. Prophet-5, OB-X, Pro-One oder Eight Voice sind hier die Objekte der Begierde. Die beiden Masterminds hinter Oberheim und Sequential waren Dave Smith und Tom Oberheim, beides Lichtgestalten, die eines gemeinsam haben: Beide verloren die Unternehmen, die sie gründeten.

Gott sei Dank ließen sie sich nicht beirren und gründeten neue Firmen: Dave Smith Instruments (DSI) und Marion Systems. Und so arbeiteten sie ständig weiter an neuen Instrumenten im Bereich der elektronischen Musik.

Aber nur wenig glaubten an das, was Anfang 2016 auf der NAMM Show verkündet wurde: eine Kooperation zwischen den beiden Synthesizer-Giganten in Gestalt des OB-6, einem analogen polyphonen Synthesizer aus dem Hause DSI (dazu auch das kurze musikerplus.de-Interview mit den beiden: Klick!).

Oberheim Four Voice von Mark Vail
Oberheim Four Voice

Der DSI OB-6 folgt damit rund ein Jahr später dem DSI Prophet-6, der aktuellen Version des legendären Prophet-5. Das war 1978 der erste wirklich komplett programmierbare polyphone Synthesizer, der trotz eines Preises von über 10.000 Mark durch seinen überragenden Sound und der kompletten Programmierbarkeit zu einem der erfolgreichsten Instrumente der damaligen Zeit wurde.

Knapp zwei Jahre vorher brachte Tom Oberheim mit dem Polyphonic Synthesizer Controller zwar ein System auf den Markt, das viele Parameter des Synthesizer Expander Moduls (SEM) speichern (8 Voice und 4 Voice) konnte, jedoch nicht alle. Trotz seines ambitionierten Preises war das Oberheim System sehr populär.

Video: Dave Smith & Tom Oberheim – so entstand die Idee zum DSI OB-6

DSI OB-6 Test: Der neue Oberheim-Synthesizer

Vergleicht man beide modernen Versionen, den Prophet-6 und den OB-6, dann erkennt man schon, dass beide aus dem „selben Stall“ stammen, denn ihnen ist eine Menge gemein: eine halb-gewichtete (normal große!) dynamische Tastatur mit 4 Oktaven Umfang und Aftertouch, Unison-Modus, zwei analoge VCOs pro Stimme mit stufenlos regelbarem Waveshaping von Dreieck zu Puls, einem Rauschgenerator, einem Sub-Oszillator pro Stimme, flexible Modulationsroutings, einem Step-Sequenzer (64 Steps), einem umfangreichen Arpeggiator, zwei unabhängige digitale Stereo-Effekte, einem analogen Stereo-Verzerrer und Regler oder Knöpfe für nahezu jede Funktion.

DSI OB-6 Draufsicht
DSI OB6 in der Draufsicht

Darüber hinaus punktet der DSI OB-6 mit dem gleichen Filter, das auch beim SEM zum Einsatz kam. Während der Prophet-6 über zwei separate Filter verfügt, einem 12 dB Highpass und einem 24 dB Lowpass, so ist das Oberheim-Filter variabel einstellbar. Mit dem LP/Notch/HP-Regler können die Filter-Modi quasi stufenlos verändert werden.

Damit entstehen völlig neue Möglichkeiten in der Frequenzbearbeitung, was sehr subtile Sounds entstehen lässt. Das Oberheimfilter lässt sich übrigens im Gegensatz zum 4-Pol-Filter des Prophet nicht in Eigenschwingung versetzen.

Wieder beiden Modellen gemein ist, dass sie strikt analog arbeiten. Da aber moderne Komponenten verwendet werden, ist mangelnde Stimmstabilität kein Thema mehr. Während ein „alter“ Analogsynthesizer schon mal eine halbe Stunde Aufwärmphase benötigt, ist der moderne OB-6 direkt nach dem Einschalten „in Stimmung“ und spielbereit. Mit der Detune-Funktion kann man aber ein wenig vom alten „Flair“ zurückholen.

Da die meisten Effekte des OB-6 digital ausgelegt sind, erfolgt an gewisser Stelle natürlich eine A-D-Wandlung, die aber komplett deaktiviert ist, sobald man die Effekt auf Bypass schaltet.

DSI OB-6 Test: Funktionen und Features

Der Aufbau der Benutzeroberfläche des DSI OB-6 zeigt das für analoge Synthesizer bekannte Aussehen: VCO, VCF, VCF, die ADSR-Hüllkurvengeneratoren. Alles klar, übersichtlich und bereit für direkten Zugriff im Live-Betrieb. Details sind der Tabelle zu entnehmen. Während alle Parameter, inklusive Pan Spread und Program Volume, mit dem Patch abgespeichert werden, bleibt die Gesamtlautstärke davon ausgenommen. Apropo Pan Spread, damit lassen sich wunderbar „breite“ Klänge erzeugen. Klingt toll.

DSI OB-6 Test: Anzeigeelemente und Bedienung

Insgesamt sechs dreistellige LED-Displays finden wir auf der Benutzeroberfläche des DSI OB-6, dazu kommen noch ein Haufen LEDs, manche mit einem Regler kombiniert. Das größte Display zeigt die aktuelle Patch-Nummer von 000 bis 999. Leider gibt es keine Möglichkeit, die Klangfarben mit alphabetischen Namen zu versehen, was die Übersichtlichkeit nicht gerade erleichtert.

Die gesamte Patch-Liste der Factory Presets kann übrigens über diesen Link abgerufen werden. Zur Verfügung stehen beim DSI OB-6 500 Factory- und 500 User-Programme – eine ausreichende Anzahl, wenn man sich denn die Zahlen merken kann…

DSI OB-6 Desktop
Wer keine Tastatur und keine Spielhilfen benötigt, der kann sich für die Desktop-Version des DSI OB-6 entscheiden, die im Herbst 2016 auf den Markt kommen wird.

Der DSI OB-6 verfügt über 6 Stimmen, ist aber nicht multi-timbral – er kann also immer nur einen Sound produzieren. Richtig fett wird es, wenn man die Oszillatoren auf „unison“ stellt: Nicht weniger als 12 VCO plus Subs kommen dann aus den Lautsprechern. Das ergibt schon einen Mördersound, besonders dann, wenn man die Oszillatoren mit der Detune-Funktion noch nach Belieben gegeneinander verstimmt. In diesem Bereich ist auch die Chord-Memory-Funktion zu finden, die es ermöglicht, mit nur einer Taste ganze Akkorde abzufeuern.

Je Patch speicherbar ist dann noch der Key Assign Mode, mit den man festlegen kann, welche Töne z.B. im Unison-Mode Priorität haben (im Normalfall wäre dies immer der tiefste Ton). Dies kann man aber seinen Bedürfnissen anpassen.

Gleiches gilt für die Art und Weise, wie die Regler auf Änderungen reagieren. Mit „Jump“ z.B. gelangt man sofort an den Punkt, an dem sich der Regler gerade empfindet. Mit „Passthru“ verharrt der Parameter auf dem aktuellen Wert, bis man diesen erreicht, und mit „Relative“ bleibt man in dem programmierten Wertebereich, bis man den Regler einmal komplett von links nach rechts gedreht hat.

Komplett auf die aktuelle Einstellung geht man im „Manual Mode“, dies macht Sinn, wenn man einen Klang komplett neu programmieren möchte.

Besonders hervorheben möchte ich noch das „polyphone Portamento“: Hält man einen Akkord per Pedal und spielt einen weiteren Akkord, dann „portamentiert“ (gleitet) der Sound von dem einen Akkord zum anderen hin – ein toller Effekt.

DSI OB-6 Test: Effekte des OB-6

DSI-OB-6 Testaufbau
Marks Setup während des Tests

Der DSI OB-6 bietet zwei digitale Effektprozessoren (24-bit/48 kHz), die jeweils stets einen Effekt erzeugen können. Darunter verschiedene Delays, die sich synchronisieren lassen, Chorus, Flanger, Phase Shifting und Ring Modulation. Darunter gibt es eine Phaser-Variante, die den Sound des Tom-Oberheim 6-Stage-Flangers aus den 60er Jahren nachempfindet – das Gerät, was ihn wahrscheinlich zur Entwicklung von Synthesizern brachte.

Der zweite Effektprozessor erzeugt vier verschiedene Hallvarianten: Hall, Room, Plate und Spring. Und auch hier hat sich Dave Smith den Spaß nicht nehmen zu lassen, den Effekt einer Hallspirale zur Vollendung zu bringen. Dreht man die Intensität weit genug auf und „haut“ auf das hölzerne Seitenteil, dann erzeugt man den gleichen Sound, wenn man bei einer rein mechanischen Hallspirale bei Erschütterung hören konnte.

Was aber noch wichtiger ist: Die Hallsektion klingt außerordentlich gut. Und es ist toll, alle Effekteinstellungen mit dem Patch abspeichern zu können.

DSI OB-6 Test: Arpeggiator und Sequenzer

Für mich gehört ein Arpeggiator eigentlich immer zu einem Synthesizer. Es ist toll für Improvisation und auch in der Live-Performance. Beim DSI OB-6 hat man die normale (monophone) Abspielauswahl up, down, up und down, random etc. Einfach mal die Hold-Funktion einschalten und dann nach Herzenslust an Filtern und Effekten schrauben. Das bringt Spaß!

DSI OB-6 Anschlüsse
Die Rückseite des DSI OB-6 zeigt die verschiedenen Anschlüsse.

Der Sequenzer des DSI OB-6 kann in einer Sequenz bis zu 64 Steps aufnehmen, wobei jeder Step max. 6-stimmig sein kann. Dabei kann man Pausen einfügen, Tonlängen verändern und so weiter.

Arpeggiator und Sequenzer können natürlich nie zusammen in Gebrauch sein, man muss sich für eine Variante entscheiden. Weniger schön ist allerdings, dass die Pattern nicht via MIDI übertragen werden.

In der „Clock-Section“ wird das Tempo der Sequenz bestimmt. Dies wird über die LED-Abzeige in bpm angegeben. Dazu gibt es noch Timing-Varianten, wie Swing, Triolen und so weiter.

DSI OB-6 Test: Alternative Tunings

Auch Anhänger von unterschiedlichen Stimmungen kommen auf ihre Kosten. Eine Reihe von Temperierungen sind implementiert. Weitere können im system-exclusive-Format geladen werden.

DSI OB-6 Test: Sound

Analog, toll, warm – was soll man mehr dazu sagen? Sound spricht am besten selbst:

Klangbeispiel 1: Patch 124 sequenced

Klangbeispiel 2: Patch 128 sequenced

DSI OB-6 Test: Fazit

Wie der bereits getestete Prophet-6 stellt sich der DSI OB-6 als toll klingender, hervorragend verarbeiteter und umfangreich programmierbarer analoger Synthesizer heraus. So sehr mir die Arbeit mit dem Prophet-6 gefiel, so überzeugt mich der DSI OB-6 noch ein Stück mehr, was nicht zuletzt an den variablen Filtern liegt. Knapp 2600 Euro sind ein stolzer Preis, aber man erhält dafür einen State-of-the-Art Analog-Synthesizer.

DSI OB-6 Test: Der OB-6 auf einen Blick

Straßenpreis Euro 2618,-
Synthese analog
Tastatur 49 Tasten in Normalgröße, anschlagdynamisch und Aftertouch. Auch als Modul erhältlich.
Performance Controller Hintergrundbeleuchtete Pitch- und Modulationsräder. Range speicherbar je Patch.
Anzahl Stimmen Sechs
Multitimbral Nein
Programme 500 Factory und 500 User Programme organisiert in 10 Bänken à 100 Sounds
Oszillatoren 2 diskrete analoge VCOs je Stimme mit Dreieck, Sägezahn, und Rechteck mit variabler Pulsbreite. Hard Sync von Oszillator 1 auf 2 möglich. Detune.
Audio Mixer Volumeregler für VCO1, VCO2, Sub-Oszillator, und Noisegenerator (programmierbar).
Filter Zustandsvariabeler Filter von Tiefpass über Notch zu Hochpass. Separater Bandpass-Schalter. Mit Resonance und Keyboard Tracking.
LFO Ein globaler LFO (.022 Hz bis 500 Hz). VCO2 kann auch als LFO für Crossmodulation eingesetzt werden.

Synchronisierbar zu interner oder externer MIDI-Clock.

Filterhüllkurve ADSR
VCA-Hüllkurve ADSR
Poly modulation (X-Mod) Ja, Modulationsquellen sind VCO2 und die Filter-Hüllkurve.
Aftertouch Ja
Clock Master Clock mit Tap-Tempo-Knopf; Regler für BPM und dreistellige LED-Anzeige; MIDI clock sync
Arpeggiator Ja, Daten werden nicht über MIDI übertragen
Sequenzer Polyphoner Step-Sequenzer mit 64 Steps. Daten werden nicht über MIDI übertragen.
Effekte Zwei unabhängige Digital-Effekte (24 bit/48 kHz)
Controller-Anschlüsse Fußschaltereingänge für Sustain and Sequenzer Start/Stop/Trigger+Gate Envelope Follower; CV Pedal Eingang für Lautstärke und Filter
MIDI-Anschlüsse in, out, thru
USB Ja
Audio-Ausgänge Links/Rechts und mono (Klinke)
Kopfhörerausgang Ja
Display 3stellige numerische LED-Displays
Maße 81 cm x 33cm x 11.5cm
Gewicht 9.6 kg

 

Klangbeispiele:

PAtch 124 Metallimba

PAtch 128 Arp Wave