Eine Auswahl an Software-Vocodern
Im Uhrzeigersinn von oben angefangen: Reason BV512, Waves Morphoder, Ableton Live Vocoder, Apple Logic Evoc 20

Kürzlich eine Roboterstimme gehört? Bestimmt, denn Vocoder-Stimmen sind überall, von der Werbung bis zu Dance-Tracks. Auch in vielen Hits ist immer mal wieder die “Roboter Voice” zu hören.

Meist stehen die Klänge aus dem Vocoder nicht direkt im Vordergrund, sondern sind als Sound Effekt verpackt, wie bei Bands wie Daft Punk oder Air. Also schauen wir uns in diesem Tutorial mal die Grundlagen des Vocoders an und sehen, was wir damit anstellen können.

Vocoder Tutorial und Tipps – Grundlagen

Vocoder sind vor allem bekannt dafür, Roboter-Stimmen zu erzeugen, aber das ist längst nicht alles. Ein Vocoder, egal ob als Hardware oder Plugin, ist eigentlich recht einfach aufgebaut. Er verfügt grundsätzlich über zwei Eingänge: Instrument (Carrier Signal) und Mikro (Modulations Signal). Wenn man in den Mikro Eingang spricht, analysiert der Vocoder, welche Frequenzbänder gerade an der Stimmlage beteiligt sind und öffnet die entsprechenden Filter, die den Signal-Eingang bearbeiten. So wird die Charakteristik der Stimme auf den Carrier „übertragen”, und die Stimme erhält die Klangfarbe des Trägersignals (z.B. Synthesizer).

Bei manchen DAW-Programmen wie Cubase, Logic, Sonar, Reason oder Ableton Live werden Vocoder als Effekt mitgeliefert. Bis vor kurzem war es nicht ganz einfach, in einem Plug-in einen zweiten Eingang via Sidechain für den Modulator zu implementieren. Eine Lösung ist es, das Vocoder Plug-in mit einem Signalgenerator als Carrier und den Eingang als Mikrofon zu benutzen, wie Waves Morphoder es macht. Man kann das Plugin auch auf einen existierenden Audio Track legen und den Track Inhalt als Carrier nutzen.

Vocoder Tutorial und Tipps – “Sprechende” Instrumente

Um ein überzeugendes „sprechendes“ Instrument zu erzeugen, sollte das Carrier-Signal reich an harmonischen Obertönen sein und eine komplexe und langgezogene Wellenform aufweisen. Denk immer dran: Ein Vocoder hat viele, komplexe Filter, und wenn das Audio nicht “ansprechend” für ein Filter ist, dann zeigt er auch keine Wirkung. Eine Flöte zum Beispiel durch einen Vocoder zu schicken bringt nicht wirklich etwas. Eine Gitarre ist da schon besser geeignet, aber eine verzerrte Gitarre mit ihren Obertönen oder auch eine Streicher-Fläche sind besonders gut geeignet, um einen tollen Effekt zu erzeugen. Synthies mit komplexen Sounds und Soundverläufen sind auch Kandidaten für einen Vocoder.

Vocoder Tutorial und Tipps – Chor-Effekte

Um einen richtig guten Chor-Effekt zu produzieren, sollte man einen Synthesizer Sound wählen, der der einer Stimme ähnlich ist, z.B. eine Pulse-Wellenform mit einem leichten Low Pass und ein bisschen Resonanz, oder einen gesampelten Chor. Dies wäre dann der Carrier. Während man komplexe Akkorde spielt spricht man parallel Phrasen wie “la-la”, “oooh”, “aaah” ins Mikro. Die Synthesizer Klänge nehmen nun die Charakteristik der Vokale an. Der Audio Effekt lässt sich dann durch Hinzunahme eines Chorus noch verbessern.

Vocoder Tutorial und Tipps – Sänger

Mit einem zweiten Sänger kann man einen Song sehr schön auflockern. Aber wenn gerade keiner Zeit hat, um zum Beispiel Call-and-Response-Harmonien einzusingen, tut’s eventuell auch ein Vocoder. Benutze eine ähnliche Einstellung wie in dem Beispiel zuvor, aber statt Akkorde zu spielen und einfache Vokale zu sprechen, spiele einfach Melodien oder Harmonielinien und spreche den Text der Backup Voice. Den Text zu singen statt zu sprechen und einen Teil der echten Stimme unter den Vocoder zu mischen, kann auch reizvoll sein.

Vocoder Tutorial und Tipps – Synthesizer kreuzen

Nirgendwo steht geschrieben, dass man nur mit der Stimme einen Sound modulieren darf. Ein netter Effekt ist zum Beispiel auch, wenn man einen Pad Sound für den Carrier und Drums als Modulator verwendet. Das ergibt einen rhythmischen und pulsierenden, einzigartigen Effekt.

Vocoder Tutorial und Tipps – Menschenmengen

Man erzeugt den Klang einer grölenden Menge (eine politische Versammlung, ein Sportereignis in einem Stadio oder ähnliches), indem man weißes Rauschen als Carrier verwendet. Das multipliziert eine Stimme, so als ob es dutzende wären. Das funktioniert übrigens auch prima für Geräusche für Horror-Filme, denn die Stimme bildet eine organische Komponente, während das weiße Rauschen “geisterhaft” und wie nicht von dieser Welt wirkt.

Vocoder Tutorial und Tipps – Experimentieren ist wichtig!

Bei manchen Vocodern lässt sich die Anzahl der Filter (Bänder) für die Analyse verändern. Mehr Filter (z.B. 16 und mehr) erzeugen eine höhere Sprachverständlichkeit, wogegen weniger Filter einen „impressionistischeres” Audio erzeugt. Viele Bestandteile der menschlichen Sprache, die für die Verständlichkeit essentiell sind, liegen im Bereich der oberen Mitten und höher, wogegen andere Instrumente in diesem Bereich nichts zu bieten haben. Daher bieten manche Vocoder die Möglichkeit, dem Carrier ein weißes Rauschen beizumischen (eine primäre Komponente von tonlosen Lauten), damit ein „S” oder ein ähnlicher Laut sich überhaupt im Ausgang bemerkbar macht. Verschiedene Vocoder behandeln das Problem unterschiedlich.

Die Zeiten, als Vocoder rauschende, komplizierte, teure und schwer zu bedienende Kisten mit seltsamen Filter waren, sind vorbei. Es sind tolle Soundmaschinen, die zum Experimentieren einladen.