Behringer Pro-1 im Test-Studio von Megasynth

Und weiter geht‘s mit den neuen Behringer-Synthesizern. Nach K-2 und Crave ist nun der Pro-1 an der Reihe. Diesmal haben wir es also mit einem Clone des Sequential-Klassikers Pro-One zu tun.

Mit dem Behringer Pro-1 (im Original Pro One) hat sich Uli Behringer einer weiteren Synthesizer-Legende angenommen, dem Sequential Pro One.

Und wie Mathias Becker in seiner erfolgreiche Buchreihe „Synthesizer von Gestern“ erzählt, überraschte man 1981 damit die Synthesizerwelt. Warum? Sequential hatte mit dem Prophet-5 bereits einen speicherbaren polyphonen Synthesizer entwickelt. Und nun erschien mit dem Pro-One ein monophoner Synthesizer ohne Speicherplätze? Das stuften manche als Rückschritt ein. Trotzdem wurde der Pro-One zu einem höchst erfolgreichen Synthesizer und prägte mit seinem Sound die Musik vieler Bands der 80er-Jahre. Vince Clark ist übrigens ein glühender Anhänger des Pro-One-Sounds.

Behringer Pro-1 Test – Der erste Eindruck

Beim Pro-1 handelt es sich um einen mikroprozessor-gesteuerten Desktop-Synthesizer im mittlerweile Behringer-typischen Metall-Chassis mit Seitenteilen aus Holz. Dies bedeutet, dass sich auch der Pro-1 – anders als der Crave – aus dem Chassis nehmen und in ein Eurorack integrieren lässt (die notwendigen Kabel sind beigefügt).

Der erste Eindruck ist gut, alles macht einen wertigen und stabilen Eindruck. Das Layout der Bedieneroberfläche entspricht exakt dem Original. Hinzu kommen nur die Patchpunkte an der oberen Kante und die MIDI-Buchsen. Bei den Patchpunkten hat man sich auf wenige wichtige Parameter reduziert. Trotzdem spricht man ja auch dann von einem semi-modularen System.

Wer das alte Gerät kennt, dem wird auffallen, dass der Pro-1 deutlich kleiner ausgefallen ist. Das finde ich gar nicht verkehrt, denn der Sequential war für einen monophonen Synthesizer schon ein ziemliches Monsterteil.

Behringer Pro-1 Test – Der Aufbau

Der Pro-One ist quasi eine Stimme des Sequential Prophet-5. Der Signalweg bei beiden, also Pro-One und Pro-1, ist identisch: 2 VCOs (3340; wie im Crave), VCF, 2 Hüllkurvengeneratoren, LFO, eine Modulationsmatrix sowie Arpeggiator und Sequenzer. Der Aufbau ist logisch und klar, so dass ein Display oder ein Manual eigentlich nicht vonnöten sind.

Oszillator A bietet Sägezahn und Rechteck an, letztere mit variabler Pulsbreite. Anders als bei den meisten Geräten lassen sich beiden Schwingungsformen gleichzeitig abrufen. Dazu kommen Oktavwahlschalter und der Fine-Tune-Regler. Beide Oszillatoren lassen sich übrigens auch syncen.

Oszillator B ist ähnlich aufgebaut, bietet zusätzlich die Möglichkeit, diesen auch als LFO schalten zu können. Als weitere Schwingungsform ist hier ein Dreieck vorhanden. Von dort gehen die Signale in den Mixer, wo sich neben Osc A und Osc B auch noch das Rauschen hinzumischen lässt.

Der Filter ist als Lowpass-24dB-Variante ausgelegt. Regelbar sind Cutoff, Resonance, Envelope Amount und Keyboard Tracking. Da sich der Filter in Eigenschwingung versetzen lässt, kann man diesen auch als weiteren Oszillatoren einsetzen. Dabei ist dann auch das Keyboard Tracking hilfreich, um den Filter auch tonal spielen zu können.

Probiert man das aus, wird man bemerken, dass der Klang des Pro-1 dabei sehr sauber bleibt und eine ziemlich klare Sinusschwingung erzeugt. Die Verzerrungen (im positiven Sinne) wie beim K-2 treten hier nicht auf. Pingeligen Zuhörern wird auffallen, dass das Filter nicht komplett schließt. Auch bei Cutoff auf 0 ist immer noch ein Rumpeln zu hören. Spielt man ein wenig mit der Resonance, dann wird man auch bemerken, dass der Sound deutlich leiser wird, je höher man die Resonance aufdreht. Da müsste man im Studio schon fast einen Kompressor bemühen, um den Sound nicht zu stark abfallen zu lassen.

Zur Filtersektion gehört noch die klassische ADSR-Hüllkurve, die auch gut zupackt, was besonders bei perkussiven Klängen wichtig ist. Gleiches gilt für die separate ADSR-Hüllkurve für den VCA. Es folgt der LFO mit den Schwingungen Sägezahn, Dreieck und Puls, die auch alle gleichzeitig nutzbar sind. Die Modulationsgeschwindigkeit bestimmt der Frequency-Regler.

Behringer Pro-1 Test – Die Modulationsmatrix

Behringer Pro-1 Modulationsmatrix
Behringer Pro-1 Modulationsmatrix

Ein Prunkstück des Pro-One und damit auch des Clones ist die Modulationsmatrix. Hier lassen sich drei Modulationsquellen (Filterhüllkurve, Oszillator B und LFO) auf 5 Ziele routen: Oszillator A Frequenz, Oszillator A Pulsbreite, Oszillator B Frequenz und Oszillator B Pulsbreite sowie Filter.

Jede Modulationsquelle ist in der Intensität regelbar. Und man kann entscheiden, ob die Modulation direkt wirken soll oder erst über das Modulationsrad. Beim Pro-1 natürlich über MIDI oder aber über „Mod Wheel CV in“ im Patchfeld.

Da Oszillator B auch Oszillator A modulieren kann (sowohl als LFO als auch im Normalbereich) sind FM und Crossmodulation möglich. Im Vergleich zum alten Sequential-Synth gibt es beim Pro-1 eine weitere Neuerung: Er ist paraphonisch aufgebaut. D.h., man kann auf diesem Instrument zweistimmig spielen, wobei jede Stimme dann nur einen Oszillator hat und beide Stimmen in das gleiche Filter münden. Dies als polyphon zu bezeichnen, finde ich etwas gewagt.

Behringer Pro-1 Test – Sequenzer und Arpeggiator

Wie das Original verfügt auch der Clone über einen einfachen Sequenzer und einen einfachen Arpeggiator. Und einfach meint hier wirklich einfach. Der Sequenzer speichert 64 Töne (beim Pro-One waren es nur 40) und kann zwei Sequenzen vorhalten. Der Arpeggiator kennt gerade mal up und up/down. Was Anfang der 80er vielleicht Luxus war, das muss man heute als spartanisch bezeichnen. An dieser Stelle sei die Frage erlaubt, ob man solche Bereiche nicht auf heutigen Stand hätte bringen können? Man hat ja auch MIDI und USB integriert. Dann hätte man, ohne ein Frevel zu begehen, die beiden Bereiche auch etwas komfortabler gestalten können.

Zumal man ja ein Problem, was das alte Gerät hatte, ausgemerzt hat. Spielte man beim Pro One den 41. Ton, dann wurden die ersten 40 Töne allesamt gelöscht. Dies ist beim Pro-1 nicht so. Hier löscht der 65.Ton nur den erstgespielten. Trotzdem muss man festhalten, dass der preiswerte Crave in diesem Bereich mehr Möglichkeiten bietet als der größere Pro-1.

Der Pro-1 bietet übrigens externen Sync (über Patchbay) und MIDI-Sync an, kann sich also an die alte wie auch der neuen Welt anpassen. Ohne externen Sync regelt die LFO-Frequenz das Sequenzer-Tempo. Hier muss man beachten, dass dann eine LFO-Modulation und die Sequenzer-Geschwindigkeit voneinander abhängig sind.

Behringer Pro-1 Test – Die Benutzeroberfläche

Alles gut. Weiße Schrift auf schwarzem Grund, das ist alles wunderbar lesbar. Ein Logischer Aufbau, kein Schnickschnack. Wem gebührt jetzt das Lob? Behringer oder Sequential?

Behringer Pro-1 Test – Die Patchpunkte

Zieht man Audio- und Phones-Out ab, dann bleiben noch 13 Patchpunkte übrig. O.k., im Vergleich zum Original sind das deutlich mehr. 13, um ganz genau zu sein. Aber warum so wenig? Warum gibt es mehr Patchpunkte beim Crave als beim Pro-1? Möglicherweise liegt der Grund darin, dass man ja im Format festgelegt und damit gar kein Platz für ein größeres Steckfeld zur Verfügung stand (der Crave ist tiefer). Schade, damit hätte man den Pro-1 deutlich aufwerten können. Bei den Möglichkeiten des Pro-1 hätte sich das wirklich gelohnt.

Wenn wir schon beim Interface sind. Im Patchefeld finden wir Audio- und Phones-Out als Miniklinke sowie die MIDI-in-Buchse. Steuert man den Pro-1 über MIDI an, dann werden die CV- und Gate-Informationen über CV und Gate wieder ausgegeben. Der Pro-1 fungiert dann auch als MIDI-to-CV-Converter.

Auf der Rückseite finden wir den Anschluss für das mitgelieferte Netzteil (entfällt beim Gebrauch im Eurorack), den USB-Anschlisuss und die unvermeidlichen DIP-Schalter für die Einstellung des MIDI-Kanals, eine MIDI-In/Thru-Buchse und einen Ausgang in 6,3-mm-Klinke.

Hier bitte wieder bedenken, dass die rückwärtigen Anschlüsse wegfallen, schraubt man den Pro-1 ins Eurorack.

Behringer Pro-1 -Der Sound

Mich hat der Pro-1 überzeugt, egal wie nah er am Original ist. Er verfügt sowohl über einen mehr als ausreichenden Druck im Bassbereich als auch über ausreichend Brillanz und Klarheit im Höhenbereich. Man kann ihn wunderbar als Bass- oder auch Lead-Synthesizer einsetzen. Für Flexibilität sorgt dann die Modulationsmatrix. Und wer ein wenig mehr „Schmutz“ im Sound will, der kann dies mit Crossmodulation, FM und Sync wunderbar hinbekommen. Mir persönlich gefiel der Klangcharakter vom Pro-1 von allen neuen Behringer-Synths am besten.

Behringer Pro-1 Test -Das Fazit

Mal völlig losgelöst von der Produktpolitik von Behringer. Der Pro-1 ist ein toller Synthesizer zu einem atemberaubend günstigen Preis. Das Original ist auf dem Gebrauchtmarkt rar und man muss dafür schon knapp 2.000 Euro auf den Tisch legen. Der Clone liegt bei 349 Euro und ist damit für jedermann erschwinglich. Das Ding klingt ausgesprochen gut und ist klanglich sehr variabel.

Die limitierte Patchbay und die einfache Sequenzer/Arpeggio-Sektion sind ärgerlich, aber zumindest letztere sind so, wie man es vom Original her kennt.

Wenn ich mir einen Synthesizer aus der Behringer-Palette aussuchen müsste, dann wäre es der Pro-1.