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Arp Odyssey 1

Der Arp Odyssey kam 1972 als kleinerer Bruder des semimodularen Arp 2600 auf den Markt. Waren beim 2600 noch Tastatur und Klangerzeugung in getrennten Gehäusen untergebracht, so waren sie beim Arp Odyssey in einem Gerät zusammengefasst.

Auf speziellere Bausteine des 2600 wie Envelope Follower, Voltage Processor, Preamp und Reverb hatte man aus Platz- und Kostengründen verzichtet. Dennoch bot der Arp Odyssey immer noch eine Menge mehr an Möglichkeiten als sein direkter Konkurrent, der Minimoog.

Schlaflose Nächte um den Arp Odyssey

Arp Odyssey und Minimoog kosteten ungefähr das gleiche – noch im Jahr 1976 lag der Verkaufspreis bei ca. DM 4.000,–. Kein Wunder, dass mancher Musiker damals schlaflose Nächte mit der Klärung der Frage verbrachte, für welches der beiden Geräte er sich entscheiden sollte. Auf der einen Seite war da der Minimoog, das auch live verhältnismäßig einfach zu bedienende Gerät mit dem angesagten, modischen Sound. Auf der anderen Seite stand der Arp Odyssey. Der bot zwar viele zusätzliche Möglichkeiten,war jedoch aufgrund seiner Komplexität im Live-Einsatz etwas schwerer zu kontrollieren.

Oszillatoren

Das Haupthandicap, mit dem man beim Live-Einsatz des Arp Odyssey zu kämpfen hatte, waren die Oszillatoren. Jedoch nicht etwa, weil sie nicht stimmstabil wären – Arp-Gründer Alan R. Pearlman hatte das Problem der Stimmstabilität lange vor Moog gelöst, die ARP Oszillatoren verstimmten sich bei Temperaturschwankungen um nicht mehr als ± 3 bis 4 Cent –, sondern ganz einfach deshalb, weil sie nicht mit Fußlagenwahlschaltern ausgestattet sind.

Für die Stimmung der Oszillatoren des Arp Odyssey sind lediglich zwei Schieberegler vorgesehen – einer für die Grob- und einer für die Feinstimmung. Eine „elektronische Stimmgabel“ (A = 440 Hz) zum Tunen der Oszillatoren, wie sie der Minimoog bietet, hat man dem Gerät leider nicht mit auf den Weg gegeben. Will man also die Fußlage verändern, so ist dies nur für beide Oszillatoren gleichzeitig möglich. Der hierfür zuständige Transpose-Schalter ermöglicht allerdings nur eine Transposition um + 2 oder – 2 Oktaven.

Will man lediglich eine Oktave höher oder tiefer, so muss man sich des Pitch-Bend-Knopfes bedienen, dessen eigentliche Funktion dann natürlich eingeschränkt ist. Eine Trasposition von ± 3 Oktaven ist nur durch gleichzeitigen Einsatz von Pitch-Bend-Poti und Transpose-Schalter möglich – ziemlich umständlich!

Aber der Arp Odyssey entschädigt!

Der Arp Odyssey-Besitzer wird für solche Widrigkeiten jedoch auf anderen Gebieten durchaus entschädigt. Beide Oszillatoren lassen sich bei Bedarf als Subaudio- (LFO)- Oszillatoren verwenden. Beide bieten Sägezahn und Rechteckwelle, wobei sich die Pulsbreite sowohl manuell justieren als auch vom eingebauten LFO (Sinus oder Rechteck) oder der ADSR-Hüllkurve modulieren lässt. Auch die Synchronisation der Oszillatoren gehört zu den Möglichkeiten des Arp Odyssey, wodurch sich die klanglichen Ressourcen des Gerätes erheblich erweitern.

Ringmodulator

Noch weiter ausgedehnt wird das Klangspektrum des Arp Odyssey durch den integrierten Ringmodulator, der von den Rechteckwellen der beiden Audiooszillatoren gespeist wird und der sich sehr gut zur Erzeugung besonders komplexer (z. B. metallischer) Klangfarben eignet.

Sample & Hold

In erster Linie für den experimentierfreudigen Anwender interessant ist die integrierte Sample & Hold-Funktion des Arp Odyssey, im Deutschen oft auch als Zufallsgenerator bezeichnet. Als Eingangssignal für die Sample & Hold-Funktion stehen die Rechteck- und Sägezahnwelle von VCO 1, die Rechteckwelle von VCO 2 sowie das Ausgangssignal des eingebauten Rauschgenerators (Pink oder White Noise) zur Verfügung. Je zwei dieser Signale können im Sample & Hold-Mixer stufenlos gemischt werden. Als Clock des Zufallsgenerators dient die Rechteckwelle des LFO.

Eine eindrucksvolle Demonstration der Sample&Hold-Funktion des Arp Odyssey gibt übrigens Keyboarder George Duke bei seinem Synthesizersolo in dem Zappa-Video „A Token of His Extreme“ von 1974. Im Video bei ca. 8:10 min!

Filter

Das Filter des Arp Odyssey hatte bei den ersten Modellen (s.u.) eine Steilheit von 12db/Oktave, dies wurde jedoch später geändert, und der Arp Odyssey wurde dann – wie der Minimoog – mit einem 24-dB-Filter ausgestattet. Das bedeutete jedoch längst nicht, dass das Filter des Odyssey genauso klang und arbeitete wie das des Minimoog, da sich Robert Moog seine Kaskadenschaltung ja hatte patentieren lassen. Das Filter des Arp Odyssey klang neutraler als das des Moog, es hatte etwas weniger eigenen Charakter.

Allerdings herrschte darüber, welches Filter denn nun letztlich der bessere sei, damals keineswegs Einigkeit, und die Bevorzugung des einen oder des anderen basierte wohl meist auf eher geschmacklichen – also subjektiven – denn auf objektiven Kriterien. Zusätzlich zum spannungssteuerbaren VCF bietet der Odyssey – wie auch viele Roland-Synthesizer – ein im Bereich zwischen 16 Hz und 16,5 kHz durchstimmbares Hochpass-Filter.

Hüllkurven

Des Weiteren stehen dem Arp Odyssey zwei Hüllkurvengeneratoren zur Verfügung, von denen der eine nur zwei regelbare Parameter (Attack und Release) bietet, während der andere über die „Standard“-Parameter Attack, Decay, Sustain und Release verfügt. Die Hüllkurven lassen sich sowohl zur Steuerung von Klangfarbe (VCF) und Lautstärke (VCA) als auch zur dynamischen Veränderung der Tonhöhe (VCO) und der Pulsbreite einsetzen, was deutlich macht, wie flexibel der Odyssey trotz Festverdrahtung ist.

Arp Odyssey: flexibel trotz Festverdrahtung

Erreicht wird dies durch eine Vielzahl von Wahlschaltern, die festlegen, welche Signale jeweils für die Modulation verwendet werden. Was im Einzelnen möglich ist, wird deutlich, wenn man sich das Bedienungsfeld des Gerätes einmal genauer ansieht.

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Arp Odyssey 2

 

So lassen sich die Oszillatoren des Arp Odyssey wahlweise von LFO-Rechteck, LFO-Sinus, ADSR, Sample & Hold, dem Ausgangssignal des Sample & Hold-Mixers oder per Fußpedal steuern. Zur Modulation der Pulsbreite stehen LFO oder ADSR zur Verfügung, und die Filtersteuerung ist über Keyboard-Control-Voltage, S/H, S/H-Mixer, LFO, Pedal AR oder ADSR möglich. Der Pegel des VCA kann vom VCA-Gain-Regler, der AR- oder ADSR-Hüllkruve kontrolliert werden.

Zusätzlich lassen sich beide Hüllkurven bei Bedarf per LFO triggern, wobei man die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Effekten hat: Bei „Keyboard Repeat“ ist der Effekt nur dann aktiviert, wenn eine Taste gedrückt ist, „Autorepeat“ funktioniert auch ohne Drücken einer Taste.

Tastatur

Die Tastatur des Arp Odyssey ist duophon und verfügt außerdem über die Multiple-Trigger-Funktion, sodass man nicht wie beim Minimoog, der ja mit Single-Trigger ausgestattet ist, zum erneuten Starten der Hüllkurve stets erst den Finger von der zuvor gedrückten Taste lösen muss, ehe man die nächste drückt. Man sieht also, dass der Arp Odyssey gleich ein ganzes Bündel von Features mehr hat als der Minimoog.

Live-Betrieb und Pappschablonen

Dass der Arp Odyssey dennoch nie so ganz aus dem Schatten seines Kollegen herauskam, liegt sicher nicht zuletzt daran, dass er aufgrund seines extrem übersichtlichen Bedienungsfelds aufgrund seiner Komplexität dem Minimoog im Live-Betrieb hoffnungslos unterlegen war. Daran vermochten auch die Pappschablonen nichts zu ändern, die man –in Ermangelung interner Programmspeicher, die ja zu dieser Zeit noch nicht verfügbar waren – auf das Bedienungsfeld legen konnte und auf denen man sich dann die Position der einzelnen Fader und Schalter aufzeichnete.

Unter der Bezeichnung „Instant Odyssey“ gab es auch ein Set solcher Schablonen mit Werkspresets, wie Electric Bass, Harmonica, Tuned Noise etc. Da jedoch die Fader des Odyssey von Gerät zu Gerät nicht unerhebliche Toleranzen aufwiesen, klangen die mittels dieser Schablonen eingestellten Sounds auf jedem Odyssey etwas anders und waren somit eigentlich lediglich als ungefährer Anhaltspunkt bei der Suche nach einem bestimmten Sound zu gebrauchen.

Der Arp Odyssey und seine User

Alle diese Handicaps vermochten freilich nicht Leute wie Herbie Hancock, George Duke, Edgar Winter oder Chick Corea vom Live-Einsatz des Arp Odyssey abzuhalten. Die Gretchenfrage „Odyssey oder Minimoog“ stellte sich damals eigentlich nur für diejenigen, die sich nur eines der Geräte leisten konnten. Die Keyboarder, die Geld genug hatten, besaßen in der Regel beide, das sich die Geräte vom Sound her doch sehr stark unterschieden.

Sound

Während die Stärken des Minimoog eindeutig im Bereich der Bass- und Solosounds liegen, empfiehlt sich der Arp Odyssey zum einen durch seine Möglickeit der Pulsbreitenmodulation für die Erzeugung strahlender, schwebender Klänge (z. B. Streicher-ähnliche Sounds). Außerdem ist er durch die Integration von Rauschgenerator, Ringmodulator und Zufallsgenerator hervorragend zur Erzeugung von Geräuschen und Spezialeffekten geeignet.

Arp Odyssey 1 Modell 2800

Für all diejenigen, deren Interesse am Arp Odyssey nun durch diesen Artikel geweckt ist und die mit dem Gedanken spielen, sich solch ein Gerät gebraucht an Land zu ziehen, nun noch ein paar Tipps. Am Arp Odyssey wurde im Laufe der Jahre eine Reihe von „kosmetischen“ und elektrischen Änderungen vorgenommen. Man unterscheidet im wesentlichen drei verschiedene Modelle: Der Odyssey 1 (Modell 2800) hatte ein schwarzweißes Bedienungsfeld (bei einigen späteren Modellen war dieses schwarz-gold), er bot einen Pitch-Bend-Knopf als Spielhilfe, und der Boden des Gerätes war eine Wanne aus Vinyl. Er war werksmäßig weder mit Audioeingang noch mit Interface-Buchsen versehen.

Arp Odyssey 2 ab Modell 2810

Vom Modell 2810 ab wurde er in Arp Odyssey 2 umbenannt. Modell 2810 bis 2813 boten ein schwarz-goldenes Bedienungsfeld; Vinylboden und Pitch-Bend-Knopf und waren bereits ab Werk mit Interface-Buchsen (Gate, Trigger und CV-In/Out) versehen. Einige spätere Modelle waren bereits mit PPC-(Pitch Proportional Control) Tastern und Tonhöhenmodulationsintensität per Fingerdruck zu steuern.

Arp Odyssey 3 ab Modell 2820

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Odyssey 3

Die Modelle 2820 bis 2823 repräsentieren die letzte Version des Gerätes, wie sie bis zur Einstellung der Produktion gebaut wurde (siehe Foto). Das Bedienungsfeld dieser Version ist schwarz-orange, das Gehäuse ist aus Stahl, und die Seitenteile sind mit Leder beklebt. Zusätzlich zu Interface-Buchsen und Audio-Eingang verfügt diese Version über einen symmetrischen XLR-Ausgang. Die Tasten liegen nicht mehr geschützt, sondern ragen ärgerlicherweise aus dem Gehäuse hervor. Die Fader sind mit neuen Knöpfen ausgestattet, die sich sehr leicht lösen oder sogar auseinanderbrechen.

In elektrischer Weise unterscheidet sich der Odyssey 2 vom Odyssey 1 wie folgt: Die Filtersteilheit wurde von 12 dB auf 24 dB erhöht, und die Stabilität und das Tracking der Oszillatoren wurden ebenso verbessert wie die Stabilisierung der Spannungsversorgung und die S/H-Memory-Schaltung.

Das Filter: austauschen statt reparieren

Allen Arp Odyssey gemeinsam ist die Tatsache, dass es sich beim Filter um ein vergossenes Modul handelt, das sich bei einem eventuell auftretenden Defekt nicht reparieren, sondern nur komplett auswechseln lässt.

Gebrauchtkauf – unsere Empfehlung

Wer einen gebrauchten Arp Odyssey sucht, der sollte versuchen, eines der wenigen Modelle zu bekommen, die zwar noch das alte Gehäuse mit der geschützten Tastatur, jedoch bereits 24-dB-Filter, Interface-Buchsen und PPC-Taster haben. Vor dem Kauf sollte man unbedingt den Zustand der Fader prüfen, da sie zweifelsfrei die Schwachstelle des Odyssey darstellen. Sind sie stark verschmutzt oder bereits von einem Hobbybastler ausgiebig mit Kontaktspray malträtiert worden, können sie unter Umständen so schwer beschädigt sein, dass sich das Kratzen und Knistern beim Bewegen der Fader auch mit noch so viel gutem Zureden nicht mehr beseitigen lässt. In einem solchen Falle sollte man besser vom Kauf des Gerätes absehen.

Ist der Arp Odyssey jedoch gepflegt und gut erhalten, so wird er – mit dem entsprechenden Interface – auch innerhalb eines MIDI-Set-Ups eine gute Figur machen.